Zum Hauptinhalt springen

Mein Weg zum Yoga - Teil 1

Vor allem führte mich körperliches Ungleichgewicht und beginnende Krankheit auf den Weg des Yoga. Ich war ein sensibles Kind und wuchs zusammen mit meiner älteren Schwester im wohlbehüteten Elternhaus zweier Ärzte auf. Die beiden waren gebildete Menschen, hatten als Kinder die Kriegsjahre in Deutschland überstanden und waren nun froh, ihren neuen Lebensstandard, teilweise in Saus und Braus leben zu können.
Bei meinem Vater führte dieser Lebensstil zu einer Magenresektion, da vermutlich durch eine immerwährende Übersäuerung des Körpers es bei ihm zu einem dauerhaften Magengeschwür kam und ein Teil des Magens entfernt werden musste. Meine Mutter litt an einer Herzmuskelentzündung, musste sich schon mit Mitte 40 einer OP unterziehen, bei der ihr ein Herzschrittmacher eingesetzt wurde und ist 9 Jahre später verstorben.
Beide Eltern litten unter Übergewichtigkeit. Auch ich ging zusehends aus dem Leim, Im Alter von 13 Jahren war ich ca. 15 Kilo zu schwer und bekam eine Gallenblasenentzündung mit Steinen, die im Alter von 14 operativ entfernt wurden. Durch diese Operation nahm ich die überflüssigen Kilos ab. Der Körper fühlte sich viel besser an ohne diese ganze Masse um mich herum und ich wollte dieses schöne Lebensgefühl beibehalten. So begann ich, anstatt meine Ernährungsweise zu ändern, mich selbst zu kasteien und aß die gleichen schädlichen Dinge mit zu viel Zucker, aber dafür streckenweise nur sehr wenig. Das führte dazu, dass ich zwar nicht zunahm, aber auch an Kraft verlor. Unglücklicherweise begann ich zu dieser Zeit auch das Rauchen und probierte die ersten Male Alkohol und was man eben in dieser Zeit als Heranwachsender alles so für Experimente macht… Auch dieses führte über längere Zeit zu einem körperlichen Ungleichgewicht, das sich auch in meinen Geist wiederspiegelte, ich war oft traurig und depressiv. In der Schule war ich recht unsportlich, hatte keine große Ausdauer und meine Leistungen wurden mittelmäßig bis schlecht.

Yoga kam wie ein Blitz in mein Leben. Nachdem ich verschiedene Kampfsporttechniken ausprobiert hatte, die mir aufzeigten, wie angenehm es ist, den Körper zu dehnen und zu kräftigen, kam über Hatha Yoga die wirkliche Wissenschaft über dieses Körpergefühl zu mir, die Übungen waren besser und detaillierter erklärt, die Ausführung besser beschrieben. Und vor allen Dingen – der Atem wurde erklärt und dessen Wichtigkeit betont. Ich machte im Alter von 24 Jahren meine ersten Schritte mit Hatha Yoga, ich fand im Bücherregal meines Vaters ein Buch von André van Lysebeth „Yoga für Menschen von heute“, was zu diesem Zeitpunkt auch schon nicht mehr das Jüngste war. Es gab darin alte Schwarzweißbilder von Menschen in Strumpfhosen, die zwar nicht meinem Schönheitsideal entsprachen ;-), aber das Buch enthielt unter anderem die Botschaft, dass Yoga nur wirkt, wenn man es übt, am besten täglich, und enthielt viele wertvolle Tipps und Hinweise, wie die Übungen auszuführen sind, welche  Fehler man beim Üben vermeiden sollte und welche Wirkungen die Übungen haben. Es versprach Gesundheit, Schönheit und ein langes Leben.

Für mich als eher depressiven, schwachen, jugendlichen Menschen änderte sich ganz viel, ich fühlte mich wie eine Transformer-Figur, die ich früher als Kind in der Werbung gesehen hatte. Mein Körper veränderte sich durch die Übung zusehends, ich ging aufrechter, wurde muskulöser und ich blickte froher in die Zukunft.

Ich lernte unter anderem, dass Krankheit immer zu etwas Höherem führt, auch die Unwegsamkeiten des Lebens führen uns zu neuen Erkenntnissen und damit zu neuer Lebensqualität.

Gleich am Anfang dieser Zeit, passierte etwas Wunderbares. Ich nahm mir eine Auszeit bei Freunden in Mecklenburg Vorpommern und wohnte für eine Zeit in einem Bauwagen eines guten Freundes und half auf der Hausbaustelle aus. Das Dach wurde neu gedeckt. Ich übte derzeit ca. 1,5 Stunden am Tag Hatha Yoga, meine Übungspraxis bestand, wenn ich mich recht erinnere, ausschließlich aus Körperübungen mit geführtem tiefem Atem. Außerdem räumte ich mir eine zweite Übungszeit am Tag ein, die ich „freies Üben“ nannte, diese Zeit übte ich frei von Übungsplänen und Abläufen, die ich aus dem Buch kannte, ich folgte einfach dem Körper, dem Atem, meiner Intuition.  Ich machte oft kreisende Bewegungen mit dem Rumpf, während ich mit gekreuzten Beinen dasaß und führte den Atem tief. Ich schlenkerte mit den Armen in alle Richtungen, stieß den Atem aus und sog ihn ein, ganz wie es eben passieren wollte. Es kam unerwartet und plötzlich, dass ich eine ungewöhnliche, mir damals unerklärliche Erfahrung hatte, es schoss mir bei diesen selbst kreierten „Atemübungen“ beim Einatmen ein Energiestrahl in der Wirbelsäule nach oben Richtung Schädeldecke, um oben zu „explodieren“ und anschließend wohltuend über den ganzen Körper  zurückzufließen und ihn einzuhüllen, wie in einem Kokon, einem Ei, bis unter die Füße. Dieser Zustand hielt ca. drei Tage an und wurde immer wieder genährt durch meine Yogaübungen. Ich aß zu dieser Zeit wenig, aber ausreichend. Es war ein ungekanntes Hochgefühl, unbeschreiblich schön, dass ich festzuhalten versuchte.
Doch leider verschwand dieser Zustand nach den drei Tagen vollständig und ließ sich nicht mehr rückgewinnen. Es hatte sich ein Vorhang geöffnet, ich konnte kurz in diese Welt eintauchen und verschloss sich dann für mich zunächst wieder dauerhaft. Ich war sehr traurig und kam erneut in depressive Zustände. Doch wusste ich tief in mir, dass ich Yoga weiterüben und entdecken würde.

Ich lernte so dass Yoga ein mystischer Weg ist, der voller Wunder ist, weil er uns zurückbringt zur Quelle, weil er uns Fähigkeiten verleiht, die in uns sind, die jedoch erst entdeckt werden müssen.

Also übte ich 1,5 Stunden täglich die von mir erlernte Rishikesh Reihe nach Swami Shivananda aus dem Yoga Buch von André van Lysebeth.
Bei einer Fahrt durch das damals für mich noch frisch „neueröffnete“ Westberlin fand ich die Berliner Shivananda Yoga Schule in Steglitz. Ich stellte erfreut fest, dass dort die von mir aus dem Buch erlernten Techniken geübt wurden und begann alsbald dort Unterricht zu nehmen.  Sieben Jahre ging ich wöchentlich in einen Kurs, dessen Gruppe zusammenwuchs und irgendwann Yoga 8 oder 9 genannt wurde… Yoga hielt mich am Leben und veränderte mich mehr und mehr. Ganz langsam. Ich begann aus Interesse mit einer Ausbildung im damals so genannten zweiten Bildungsweg als Physiotherapeut. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich damals die Möglichkeit hatte, solche Dinge zu machen, anstatt in der Arbeitswelt in irgendeinem Beruf zu verschwinden, die mich durch die „ganz normale“ Arbeitsbelastung von bis zu 8 Stunden täglich sicherlich eher unempfänglich für Erfahrungen dieser Art gemacht hätte und mir nicht genügend Zeit gelassen hätte, mich so schön zu entwickeln. Die Physiotherapie Ausbildung forderte mir dann schon einiges ab und es stand für mich fest, dass ich danach nach Indien reisen würde um mehr über Yoga zu lernen. Da mein Vater bereits verstorben war und mir eine brauchbare Summe Geld hinterlassen hatte, konnte ich das tun. Ich reiste über Delhi nach Rishikesh, für mich ein Knotenpunkt für viele Yoga Übende und Standort des Shivananda Ashrams, am Fuße des Himalayas. Ich lernte dort in einem ehemaligen Ashram, der zum Hotel „verkommen“ war, einen interessanten Yogalehrer kennen, der mich und andere „Hippietouristen“ in Asanas unterrichtete. Das wichtigste, das ich von ihm mitnahm, war mehr über Meditation zu lernen, mich in Gleichmut zu üben und Selbstreflexion zu betreiben.

 Weiter ging es nach Dharamshala, das Exil des Dhalai Lama, den ich dort persönlich treffen durfte, nach Varanasi, wo ich einen Freund gewann, der in der Stadt Hindi und Sanskrit studierte. Wir hatten eine schöne Verbindung miteinander, unsere Gespräche berührten das Mysterium des Lebens, den Götterglauben und die Verbindungen zwischen Männern und Frauen. Von der Heiligen Stadt am Ganges ging es weiter nach Bihar, zur Bihar Shool of Yoga, deren Bücher mich tief beeindruckt hatten. Die Reise nach Bihar war gefährlich, weil zu dieser Zeit Unruhen im Lande waren und man sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur unzureichend bewegen konnte. Trotzdem gelang es mir auf recht abenteuerliche Art und Weise mit dem Zug den Ashram zu erreichen. Leider wurde ich dort krank, durch ein Darmvirus, das ich mir vermutlich in Varanasi eingefangen hatte, da ich es nicht unterlassen konnte im Heiligen Fluss Ganges zu baden. Nachdem ich wieder halbwegs wiederhergestellt war,  fuhr ich weiter über Goa, Hampi und Puna, wo ich den Osho Ashram besuchte, in der Nähe war ich in Kavailiadhama, in einem Yoga Krankenhaus, wo ich sehr interessant fand, dass diese alten mir und  dem Westen teilweise völlig unbekannten Yoga Techniken eine solche Anerkennung und Anwendung finden, besonders die Kryas (Reinigungstechniken) und zum Beispiel auch Augenübungen, mit denen unglaublich positive Veränderungen bei Patienten erzielt wurden.

Der Süden des Landes war mein nächstes Reiseziel. Ich fuhr über die Back Waters, um mehr über die Ayurveda zu erfahren und weiter nach Trivandrum in den südlichen Shivananda Ashram und den Vivekananda Kendra. Dort gibt es eine wunderbare Bibliothek, in der man sehr viele alte Yoga Bücher in englischer Sprache lesen kann. Es ist angenehm kühl in diesen alten Räumen und ich verbrachte dort 2 Monate.

Insgesamt blieb ich sieben Monate im Land, wurde leider immer wieder von Darmerkrankungen gequält, ein Virus im Darm machte mir so zu schaffen, es konnte erst bei meiner Rückkehr in Deutschland erfolgreich behandelt werden.

Ich lernte, dass, obwohl Indien so etwas wie die Geburtsstätte des Yoga ist, man es dort nicht an jeder Ecke lernen oder kaufen kann. Yoga befindet sich in jedem selbst und funktioniert überall.

Fortsetzung folgt....